Die Kompositionen des Wanderpredigers werden kaum aufgeführt. Texte mit Liebeserklärungen an den Arendsee sind auf alten Postkarten erhalten geblieben.

ARENDSEE. Ein möglichst originalgetreuer Aufbau von Seetempel, Grotte und Co. sowie vegetarische Bouletten, die bei Veranstaltungen in der Region angeboten werden: Der Förderverein, der das Leben von Gustav Nagel in Erinnerung hält, hat bereits etliche Facetten betrachtet. Bislang im Schatten stand der Komponist, der seiner Heimat musikalisch ein Denkmal setzen wollte. Eine in einem Lied auftauchende Forderung ist inzwischen erfüllt.

Gustav Nagel ging es nicht nur darum, die Schönheiten zu beschreiben. Er wollte diese auch für kommende Generationen erhalten. In dem Stück „arendse, du bist eine perle“ wurde in der zweiten Strophe der Gedanke aufgebracht, die Region zu einem Schutzgebiet zu erklären. Dies bezog der Arendseer vor allem auf die Blaue Perle. Er begründete dies mit den Worten „deine heilkraft macht gesund“. Der gesamte Text wurde vom Tempelwächter in seiner eigenen Rechtschreibung verfasst. Diese trägtim Kern den Gedanken, so zu schreiben, wie gesprochen wird. Er verzichtete zum Beispiel auf Großschreibung und auf einige Buchstaben.

Kein Verzicht übte er darin, mit seinen Vorstellungen in die Öffentlichkeit zu gehen. Dabei stieß Gustav Nagel oft auf Ablehnung. Auch seine Lieder, die er unter anderem für Gottesdienste schuf, erklangen zu seinen Lebzeiten zwar auf seinem Grundstück am Arendsee, aber nicht in den Kirchen des Luftkurortes. Dies verhinderte der damalige evangelische Pfarrer Reinhold Kannicht. Sehr zum Verdruss von Gustav Nagel, der seinen Unmut in Briefen deutlich machte.

Auszüge davon hat Heimatforscherin Christine Meyer in ihrem Buch über den Wanderprediger aufgenommen. Darin schreibt sie auch davon, dass die einstigen Pfarrer von Aulosen und Wanzer von der Schaffenskraft des Liedermachers durchaus überzeugt waren. Doch ihr Arendseer Amtskollege machte seinen Einfluss geltend, und auch in diesen Regionen gehörten die Kompositionen nicht lange zu den Gottesdiensten.

Gustav Nagel versuchte zudem, mit Postkarten musikalisches Interesse zu wecken. Darauf sind Liedtexte zu lesen und der Hinweis, er habe die Melodien selbst geschaffen. Einige davon sind jüngst bei einer Versteigerung im Internet aufgetaucht – ein eher seltener Umstand. Da Texte alleine wohl nicht ansprechend genug waren, versah der Naturapostel die Karten auch mit Fotos.

Die Lieder werden durch den Förderverein nun mehr ins Blickfeld gerückt. Beim jüngsten Symposium war zu hören, dass einige Stücke durchaus aufgeführt werden könnten. Pfarrer Norbert Lazay, der den Posaunenchor Gladigau leitet, will sich darum kümmern. Er spielte bereits Kompositionen während Veranstaltungen auf dem Nagel-Areal.

Alltag ist der Wunsch, den Gustav Nagel mit Blick auf ein Schutzgebiet Arendsee äußerte. Seit Jahrzehnten gibt es für die Blaue Perle und darüber hinaus – wie dem Grünen Band – gleich mehrere Verordnungen. Sie alle haben zum Ziel, die Natur zu erhalten.

Eine alte Postkarte, die Gustav Nagel muszierend mit seinen Kindern Gottfried,
Johannes und Adolf zeigt. SAMMLUNG: CHRISTIAN ZIEMS

Dass Gustav Nagel der Umweltschutz am Herzen lag und er damit – wie bei vielen Dingen – seiner Zeit voraus war, lässt sich nicht nur an einem Liedtext festmachen. Christine Meyer gibt dafür in ihrem Buch einige Beispiele. 1923 schlug er den Stadt-Oberen vor, eine zentrale Kompostieranlage zu schaffen.

Zu dieser hätten Einwohner ihre Gartenabfälle bringen und dann später Erde holen können. Sein Ziel: Die Anzahl der Gartenfeuer, die Urlauber in der Stadt abschrecken könnten, zu reduzieren. Heutzutage gibt es eine zentrale Annahmestelle. Grünschnitt, Laub und Co. werden aber nicht vor Ort kompostiert, sondern mit Lkw nach Gardelegen gebracht. Dort entsteht daraus dann zertifizierte Erde, die an diesem Standort sowie in Cheine nahe Salzwedel verkauft wird.

Bereits 1922 protestierte Gustav Nagel übrigens gegen den geplanten Bau einer Bergwerks- und Fabrikanlage nahe Schrampe. Im selben Jahr machte er seine Idee von Arendsee als blühende Gartenstadt öffentlich. Viele Jahrzehnte später ging ein Vorstoß von Salzwedels ehemaliger Oberbürgermeisterin Sabine Danicke in die selbe Richtung. Sie schlug vor, dass die beiden altmärkischen Städte eine Landesgartenschau auf die Beine stellen. Dazu kam es bekanntlich aber nicht, die finanziellen Risiken waren zu hoch.

Auszug aus dem Lied

Erste Strophe (Rechtschreibung von Gustav Nagel):

„arendse, du bist eine perle, stralst wider uns des himmels pracht, wald und se, wi hab ich euch so gerne, habt schöpfung wunderfol gebracht, könt ich das auch, wärs so gebrauch, wie die rosen und die di liljen blün, und di gärtner edle früchte sin, heimat, du wärst das paradis.“

Quelle: VON CHRISTIAN ZIEMS – Die Volksstimme empfiehlt vom 18. November 2023 den Artikel Nagels Umweltlied entdeckt https://epaper.volksstimme.de/volksstimme/share/UEpDRjFJQzhtOGtIdU1aemp5UlhodTU1NEVrQWRwYlBPQm1DaWtQeEo4WGdQd09rRXFvT1ZLNkdQbElkYWt3UitURHJIanpBVXVNSGExT2xuSE9pS2hUdExZN292S05TNjd6Q3NVbVNEcE9Wd2xFa3lNTGNIVFZ0dW11RHNBND0=?preview=true 

Translate »

Pin It on Pinterest

Share This
Consent Management Platform von Real Cookie Banner