Kirchenführerin Irmela Güde denkt auch mit 90 Jahren keinesfalls ans Aufhören

Ihr Engagement ist vielfältig. Dafür bekam die Arendseerin den Kunstund Kulturpreis der Einheitsgemeinde. Die Klosterkirche liegt ihr besonders am ehrenamtlichen Herzen. Sie möchte andere Menschen ebenso vom Gebäude begeistern.

#Arendsee – „Manchmal sitze ich hier und stelle mir vor, wie die Nonnen früher gesungen haben. Damals gab es weder das mächtige Gestühl noch die Orgelempore“, erzählt Irmela Güde. Ihr ist wichtig, die Geschichte des Gotteshauses, dessen Bau 1185 begann, vielen Interessenten näher zu bringen. Das ändert sich auch mit ihrem 90. Geburtstag nicht.

Irmela Güde kümmert sich um frische Blumen auf dem Altar der Klosterkirche. Sie hat drei Töchter, sechs Enkel und sieben Urenkel. Von Christian Ziems

Den feierte die Frau aus Arendsee vor einigen Tagen und ging danach wieder ihrem Ehrenamtsalltag nach. Denn das vielen Einwohnern bekannte Läuten sonnabends um 18 Uhr aus Richtung Klosterkirche erklingt nicht automatisch per Zeitschaltuhr. Irmela Güde schwingt sich jedes Mal auf Fahrrad und fährt vom Zuhause an der Hohen Warthe zum Gotteshaus. Neben dem Haupteingang befindet sich die Technik, mit der die beiden Glocken im einige Meter entfernten Kluthturm gesteuert werden können.

„Ich erinnere mich an alles noch so genau, dass man daraus einen Film machen könnte.“

Irmela Güde

„Ich mache mal die Tür zu, häufig sehen Spaziergänger dies, kommen rein und wollen mehr über die Klosterkirche wissen“, beschreibt die Arendseerin vor dem Volksstimme-Gespräch mit ihren Worten das ungebrochene Interesse an dem imposanten Gebäude.

Dieses ist Teil ihres Lebens. Um die Hintergründe verständlich zu machen, holt Irmela Güde, geborene Ebert, weit aus. 1933 in Zanderbrück (Pommern) geboren, war damals nicht abzusehen, dass die Altmark ihre neue Heimat werden würde. Ganz unbekannt war ihr diese Region trotz der weiten Entfernung nicht. Und zwar durch Gustav Nagel, dessen naturnahe und gläubige Lebensweise auch bis in die letzten Zipfel Pommerns für Aufmerksamkeit sorgte. Damit verbunden war der wachsende Bekanntheitsgrad von Arendsee.

Dass aus den Erzählungen ihren Vaters, eines leitenden Försters, später tatsächliche Erlebnisse vor Ort an der Blauen Perle wurden, hängt mit dem Zweiten Weltkrieg zusammen. Der Vater an der Front, übernahm sie mit Mutter und Geschwistern mehrere Fluchtversuche. Einige scheiterten, zum Beispiel auf Grund des strengen Winters 1945. Grauenhafte Erfahrungen wie Tieffliegerangriffe gehörten dazu. Irmela Güde erzählt von einem sehr persönlichen Moment, der sie prägt. Auf der Flucht wurde die Familie, bestehend aus Mutter und drei Kindern, von einem sowjetischen Soldaten aufgefordert, sich an eine Wand zu stellen. Er richtete schließlich sein Maschinengewehr auf die Vier.

„Ich erinnere mich an alles noch so genau, dass man daraus einen Film machen könnte“, erzählt die Arendseerin. Dazu gehören die beruhigenden Worte der Mutter, die meinte, sie bräuchten keine Angst haben, es gehe jetztsehr schnell. Doch der Soldat nahm plötzlich das Gewehr runter, ging wortlos davon und die Familie war frei.

Irmela Güde spricht in diesem Zusammenhang von Schutzengeln. Über Umwege gelangten die Vier schließlich durch familiäre Kontakte nach Kläden. Nach der Heirat mit Ulrich Güde wurde gemeinsam das Bestattungshaus an der Hohen Warthe aufgebaut. Dies führt inzwischen Enkel Florian.

In den vielen Lebensjahrzehnten hat die Arendseerin den Glauben nie verloren. Dieser wurde durch das Engagement mit Blick auf die Klosterkirche verstärkt. Sie wird weiter Führungen geben: „Mit lauter Stimme und klarem Kopf.“ Wie seit den 1970er Jahren – von Pfarrer Lutz Motikat ermutigt. Mit Blick auf die Vergangenheit ist ihr wichtig, die gute Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen wie Anneliese Möhler und Charlotte Ziems zu erwähnen.

Von Christian Ziems

Die Volksstimme empfiehlt vom 29. Juli 2023 den Artikel „Mit lauter Stimme und klarem Kopf“ https://epaper.volksstimme.de/volksstimme/share/UEpDRjFJQzhtOGtIdU1aemp5UlhodTU1NEVrQWRwYlBPQm1DaWtQeEo4WGdQd09rRXE5WkI2bUliZ0ZJYWtoQW9tVHJIakxGQnVNSGFnQ2tuSEQyZTBLMkxkWGx2cVZRdXJ6Q3NVbVNEcE9Wd2xFa3lNRGNIVFZ0dW11RHNBND0=?preview=true

Translate »

Pin It on Pinterest

Share This
Consent Management Platform von Real Cookie Banner