WEIMAR. Weltgästeführertag in Weimar widmet sich mit dem Thema „Sagen, Geschichten Anekdoten“ auch dem Wanderprediger Gustaf Nagel.
Quelle: Von Ulrike Demuth Weimar – Thüringische Landeszeitung
Er predigte das naturnahe, asketische Leben, entwickelte seine eigene Schrift, lebte in Erdhöhlen und soll von seiner Frau infolge eines ehelichen Streits mit der Bratpfanne bis zur nächsten Polizei Station gejagt worden sein: Die Rede ist von Gustaf Nagel, dem Wanderprediger, der um die vorletzte Jahrhundertwende im altmärkischen Arendsee lebte.
Wie es diesen Exoten auf seinen ausgedehnten Reisen auch nach Thüringen, insbesondere nach Weimar verschlug, erzählte im Rahmen des Weltgästeführertages die Gustaf-Nagel-Expertin Gundula Lilienthal unter dem Titel „Von einem der auszog, das bessere Leben zu finden“ vor einem prall gefüllten Zuhörerraum im Weimarer Neuen Museum.
Kuriose Lebensweise: Nagel lebte barfuß in Erdhöhlen
Die aus Binde, einem Dorf bei Arendsee stammende Lilienthal wusste gleich zu Beginn ihres Vortrags die Zuhörer mit Spannung und Humor zu fesseln: ,,Meine Großeltern kannten Gustaf Nagel persönlich. Mein Großvater sagte immer, dass dieser Mann ein Taugenichts sei. Aber meine Großmutter erzählte mir beim Geschirrabtrocknen die Geschichten über ihn.“ Dazu gehörten Sätze wie: ,,Die jungen Mädchen wurden versteckt, wenn er auf Brautschau ging“ und natürlich Geschichte von der Ehefrau Nummer Drei mit der Bratpfanne. Aber vor allem seine kuriose Lebensweise: Er lebte als Vegetarier, kleidete sich nur in eine Wolldecke, lief barfuß und lebte in Erdhöhlen, später in einem direkt am Arendsee erbauten Tempel, dessen Überreste heute von einem Förderverein betreut werden.
Im Kontext von Sebastian Kneipp und anderen Naturheilern zog er durch das Land und predigte einen naturnahen Lebensstil. Doch Gundula Lilienthal ist auf der Suche nach mehr Fakten: Wenig sei über Gustaf Nagels Wanderzeit in Thüringen bekannt, sagte sie. Anhand von Zeitungsberichten, Fotos und Postkarten, die der Wanderprediger selbst herstellte und verkaufte, habe sie einige Daten zusammentragen können, berichtete sie dem Publikum.
Ende Januar 1901 zu Gast in Weimar
Beispielsweise soll Nagel im Jahr 1900 über Jena nach Apolda und schließlich am 30. Januar 1901 nach Weimar gekommen sein, was Lilienthal mit einem Zeitungsartikel belegte. Wohlwollend sei Nagel von den Weimarern aufgenommen worden, heißt es dort: Im Gasthaus „Zum weißen Schwan“ habe sich eine große Menschenmenge eingefunden, um den „Naturmenschen“ zu hören und seine Schriften zu kaufen.
Der Weimarer Kunstverein und der „Sächsische Hof“ hätten ihn ebenfalls zu sich eingeladen, und sein Wesen wird als „durchaus sympathisch und angenehm“ beschrieben.
Expertin bittet um Mithilfe aus der Bevölkerung
Gundula Lilienthal ist weiterhin auf der Suche nach Hinweisen über Gustaf Nagel und seine Thüringer Zeit. Meldungen können an den Arendseer Förderverein Gustaf Nagel unter der E-Mail info@gustafnagel.de oder an den Verein der Stadtführer Weimars unter stadtfuehrung-bouillardt@t-online.de gesendet werden.
Quelle: Von Ulrike Demuth Weimar – Thüringische Landeszeitung